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Rückblick Mitgliederversammlung 2015

Eine Rückschau auf den letzten Sonntag und die damit verbundene Bewertung der Ereignisse ist sicherlich nicht ganz einfach. Vielleicht bietet es sich deshalb an, mit dem offensichtlichsten Aspekt zu beginnen: Zwischen der Mitgliederschaft und dem Aufsichtsrat ist das Tischtuch durch. Nachdem schon im letzten Jahr dem Aufsichtsrat knapp die Entlastung verweigert wurde (46,7 % Ja, 53,3 % Nein), fiel das Ergebnis dieses Jahr extrem deutlich aus und über 70 % der anwesenden Mitglieder verweigerten dem Aufsichtsrat die Entlastung. Die Gründe hierfür sind sicher vielschichtig. Was am Sonntag am deutlichsten auffiel war die majestätsbeleidigte Gutsherrenart von Herrn Dr. Garcia auf einen Vorwurf, der mit einem kleinen Eingeständnis eines unprofessionellen, aber menschlichen Moments sicherlich weitestgehend entkräftet gewesen wäre. Herr Dr. Schmidt sah sich mit dem Vorwurf konfrontiert, es hätte Ende letzten Jahres ein Gespräch zwischen ihm, Thomas Tuchel und Dieter Zetsche gegeben, in dem Herr Tuchel sein Konzept für den VfB vorgestellt hatte. Später wurde ihm angeblich per SMS abgesagt. Die Antwort von Herrn Dr. Schmidt war streng betrachtet keine, da sie eine Vielzahl an neuen Fragen aufwirft. Zunächst führte er aus, dass die Trainersuche für den VfB nicht seine Aufgabe sei, seine Personalgespräche wären allerdings vertraulich und deshalb würde er nicht mehr dazu sagen wollen. Wenn er also keinen Trainer sucht, wozu dann vertrauliche Personalgespräche mit Herrn Tuchel? Und was hat Herr Zetsche bei vertraulichen Personalgesprächen, bei denen kein Trainer gesucht wird, weil es nicht zum Aufgabengebiet des Aufsichtsrats gehört, verloren? Unserem Wissen nach bekleidet Herr Zetsche nämlich keine Funktion beim VfB. Wenn so ein Gebaren mit einem dermaßen eindeutigen Votum quittiert wird, dann darf man gespannt sein wie die Herren gedenken, das Ruder noch einmal herumzureißen.

Etwas schwieriger fällt die Beurteilung im Falle des Vorstandes. Zwar wurde auch dieser nicht entlastet (48,6 % Ja, 51,4 % Nein) und musste sich viel Kritik aufgrund der sportlichen Situation anhören, aber das Gesamtbild war geschlossener und im Vergleich zum Aufsichtsrat erfreulich geerdet. Bernd Wahler bemühte sich, als umsichtiger Integrator durch die Veranstaltung zu führen und zeitgleich seine strukturellen Reformen im Tagesgeschäft des VfB herauszustreichen. Genau wie Robin Dutt stellte auch er sich hinter den Trainer, allerdings nicht ohne ihm zu attestieren, auch mal übers Ziel hinausgeschossen zu sein. Robin Dutt fand auch noch sehr deutliche Worte in Richtung der anwesenden Mannschaft und ermahnte diese, nicht nur Vollgas zu geben, wenn es schon wieder um alles geht. Die Strategie ist also klar: Wie in der letzten Saison wird am Trainer festgehalten mit der Hoffnung, dass er die Mannschaft in den Griff bekommt und der Erfolg einem nach der Saison Recht gibt. Wir sind gespannt. Stefan Heims Einlassungen zu den Finanzen sorgten dieses Jahr verblüffenderweise nicht für einen Run auf die Toiletten oder zu den Verpflegungsständen. Vermutlich weil er im Vergleich zu seinem Vorgänger mehr auf bunte Bildchen und eine zielgruppenorientiertere Präsentation setzte. Handwerklich gibt es allerdings Abzüge. Die strikte Fokussierung auf den Durchschnittswert kann man zumindest als kontrovers bezeichnen. Durchschnittswerte sind naturgemäß extrem empfindlich gegenüber Ausreißern in beide Richtungen. Um das zu erläutern, braucht es ein kleines Beispiel.
Nehmen wir an es gibt eine Liga mit fünf Fußballvereinen. Die Etats sehen folgendermaßen aus:
1. 10 Mio.
2. 7 Mio.
3. 3 Mio.
4. 1 Mio.
5. 1 Mio.
Im Durchschnitt hat ein Verein in dieser Liga also einen Etat von 4,4 Mio., obwohl der Etat von 60% der Vereine darunter liegt. Um solche Irrungen abzufedern, kann man Lageparameter, wie beispielsweise den Median, berechnen. Der Median gibt den Mittelwert einer Verteilung an, also der Wert, bei dem 50% der Stichprobe über dem Median und 50% der Stichprobe unter dem Median liegen. In unserer Beispielliga wäre der Median 3 Mio. Gerade dann, wenn die Topteams allen anderen finanziell enteilt sind, erreicht man also auch mit einem Etat deutlich unter dem Mittelwert einen Platz im oberen Mittelfeld der Etattabelle. Dies schlägt sich auch in den Lizenzspieleretats der letzten Saison nieder. Der VfB lag mit 42 Mio. zwar unter dem Ligadurchschnitt von 46,8 Mio., allerdings deutlich über dem Median von 36,5 Mio., sprich die Hälfte der Liga musste mit 36,5 Mio. oder weniger auskommen. Im Ranking der Personaletats rangiert der VfB damit auf Platz 7. Objektiv gesehen sind natürlich beide Herangehensweisen richtig, offensichtlich passt aber nur eine zu den Thesen der Vereinsführung.

Den Bericht des Vorstandes komplettierte Herr Röttgermann. Außer einer weiteren Entschuldigung für die abartig lange Downtime der Onlineangebote und die Schließung des Fanshops während der Saison, blieb allerdings nicht viel im Gedächtnis.

Da die Ausführungen zur geplanten Ausgliederung des VfB in der Tagesordnung unverständlicherweise hinter die Aussprache gepackt wurden, war auch gegen Ende der Versammlung noch für Spannung gesorgt. Wie sich herausstellen sollte leider völlig zu Unrecht. Der VfB ließ sich erneut bei dem Thema nicht in die Karten schauen und Herr Mutschler präsentierte ausschweifend einen Prozess des „drüber Redens und Austauschens“, allerdings hat bis dato kein Mensch eine Ahnung, über was da eigentlich geredet werden soll. Fakten tragen gelegentlich zur Versachlichung und Zielorientierung von Diskussionen bei. Wie schon vor der Mitgliederversammlung angedeutet, werden wir uns diesen Diskussionen nicht verschließen, allerdings sehen wir uns als Interessenvertreter und nicht als Lakaien, die man ausschickt eine bessere Lösung zu suchen, die man dann eventuell zu bedenken gedenkt.

Unser Ziel ist es, die Mitbestimmung der Mitglieder im Verein zu erhalten und auszubauen. Wie nötig dies angesichts des Führungspersonals ist, hat die vergangene Mitgliederversammlung wieder eindrucksvoll bewiesen!