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20 – NEVER FORGET – 74

Während unseres Gastspiels am vergangenen Samstag in Freiburg zeigten wir ein Spruchband mit der Aufschrift „20 – never forget – 74“.
Erinnern möchten wir hierbei an zwei durch Sicherheitskräfte herbeigeführte Tragödien im ägyptischen Fußball.

Am 08. Februar jährte sich zum achten Mal der Mord an 20 sehr jungen Fans und Ultras des Zamalek Sporting Clubs aus Cairo. Hierfür zitieren wir aus einer unserer Spruchbanderklärungen zum selben Thema aus dem Jahr 2018: „Nachdem bereits drei Jahre lang landesweit keine Zuschauer bei Fußballspielen zugelassen wurden, überraschte Mortada Mansour – Zamalek-Vorsitzender und Mitglied des ägyptischen Parlaments mit Kontakten zu allen wichtigen Stellen im Lande – die Fans mit 10.000 Einladungen zum Liga-Spiel gegen Enppi am 08. Februar 2015. Für das erste Ligaspiel nach einer Ewigkeit sollte der Eintritt also kostenlos sein. Kurzfristig entschied sich Mortada nur 5.000 Tickets herauszugeben. Aufgrund der ausgesprochenen Einladung und der langen Durststrecke kamen aber riesige Massen an Fans ans Stadion und warteten vor dem einzigen geöffneten Eingangstor des Stadions in einem von Eisenzäunen gesäumten Gang dicht gedrängt auf Einlass. Nachdem wenige Hundert Personen den Käfig durchschritten hatten, wurde der Eingang von der Polizei verschlossen. Der Druck stieg von Minute zu Minute, das Tor blieb geschlossen. Es kam zur Massenpanik woraufhin die Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen in die Menge zielte. Menschenmassen waren blind vor Gas und in Panik. Einige wurden zertrampelt, andere erstickten. Gleichzeitig wurden die Flüchtenden von Polizeifahrzeugen und nicht enden wollendem Tränengas gejagt. 20 Zamalek Fans verloren ihr Leben durch diesen mörderischen Akt. Im späteren Verlauf zeigte Mortada sein wahres Gesicht. Den Spielern, die nicht antreten wollten, erklärte er, dass es nur kleine Ausschreitungen ohne Tote gab. Später wurde ein Arzt, der den Gifttod einiger Opfer bescheinigte, von seinen Vorgesetzten bestraft. Nicht die Verantwortlichen des Vereins oder der Exekutive mussten sich vor Gericht verantworten – es wurden 18 Zamalek-Fans, unter ihnen führende Mitglieder der UWK, verhaftet. Sie sollten für das Ganze verantwortlich sein und wurden deshalb zu 7 Jahren Haft verurteilt. Andere die in der Zwischenzeit aus dem Land fliehen konnten, zu 25 Jahren. Zudem verfügte ein Kairoer Gericht ein Verbot der Ultrasgruppen und deren Auflösung, Ultras würden ab sofort als terroristische Organisationen eingestuft. Klage erhoben hatte übrigens Mortada Mansour, der Vorsitzende von Zamalek, bekannt als früherer Gefolgsmann von Mubarak. Die Rächer der Revolution sind überall.“

Schon am 01. Februar jährte sich zum bereits 11. Mal der Mord an 74 ebenfalls sehr jungen Fans und Ultras des Lokalrivalen Al Ahly Sporting Clubs. Am Tag des Auswärtsspiels in Port Said lag eine angespannte Stimmung in der Luft. Seit Tagen gab es Gerüchte um einen Vergeltungsakt des Staates. Kurz vor Ende der Partie stürmten dann Heimfans, unterwandert von schwerbewaffneten regierungstreuen Schlägern, den Gästeblock. Dieser war von allen Seiten verschlossen, das Flutlicht kurzzeitig ausgeschalten und die Sicherheitskräfte griffen nicht ein. Eine tödliche Falle für viele Al Ahly – Fans.

Im Jahr 2011 waren ägyptische Fußballfans Speerspitze der Revolution gegen einen unterdrückerischen Staat. Ihr Kampf für Freiheit und Demokratie ließ sie das Regime teuer bezahlen.
Um so wichtiger ist es, dass sie nicht vergessen werden und Jahr für Jahr an sie erinnert wird. In diesem Zeichen stand unser Spruchband am vergangenen Samstag.

Seit einigen Monaten gibt es für ägyptische Fußballfans wieder so etwas wie Hoffnung auf ein wenig Stadionnormalität. So wird bei Heim- und Auswärtsspielen teilweise wieder ein organisierter Support aufgezogen. Wir wünschen ihnen dabei nur das Beste und dass ihre verstorbenen Brüder niemals vergessen werden. Never forget!